Tinnitus – Mein Freund im Ohr


Muffige, qualmige Atmosphäre, kein Tageslicht und Dezibels an der Schmerzgrenze waren über fast 20 Jahre die Umgebung, welche mein Hobby mit sich brachte. Als Sänger von diversen Heavy-Metal und Rockbands war laute Musik mein Leben. Aus dieser Zeit blieben mir nicht nur unzählige schöne Erinnerungen, die ich nicht missen möchte, sondern auch ein chronischer Tinnitus. Ein niemals endender Klangteppich zusammengesetzt aus einem Rauschen und einem hohen Pfeifton begleitet mich seit 2 Jahrzenten Tag und Nacht. Zum Glück ist er nicht laut. Nur in der Nacht, vor allem beim Einschlafen, macht sich dieses geisterhafte Geräusch wirklich wahrnehmbar bemerkbar.

Am Anfang war es, trotz der schwachen Ausprägung, fast nicht auszuhalten. Nie mehr wirklich Ruhe, nie mehr totale Stille zu empfinden war lange ein Verlust, der schmerzlich war. Da versuchte ich den Störenfried zu bekämpfen. Blutverdünnende und durchblutungsfördernde Medikamente sollten helfen, ihm den Garaus zu machen. Nichts half.

Autogenes Trainig, Meditation und andere Entspannungsmethoden halfen mir einigermassen, mich nicht auf diese störenden Eigen-Geräusche zu konzentrieren und sie so quasi zu überhören. Lange war der Tinnitus mein Feind und ich kämpfte, um ihn wieder los zu werden.

Heute habe ich Frieden mit ihm geschlossen. Er ist mein Freund geworden. Denn ich habe festgestellt, dass mein Tinnitus ein guter Gradmesser für mein Wohlbefinden ist. Wenn ich mir zuviel Stress zumute, meinen Körper ausbeute, zuwenig schlafe, zuviel trinke oder zuviel rauche, macht er sich stärker bemerkbar. Er ist zu meinem ganz persönlichen Gesundheitsberater geworden, der mir unmissverständlich klar macht, wenn ich mich selbst nicht „stoepsgerecht“ halte.

Wenn ich ihn ernst nehme, also im wahrsten Sinne auf meine innere Stimme höre und darauf reagiere, wird er wieder zahm und leise und schnurrt mir zärtlich ins Ohr.

So ist aus dem ehemaligen Feind ein Verbündeter geworden, der mir hilft eine gute Work-Life-Balance zu finden. Ein Freund, der mir ab und zu ins Ohr pfeifft „Stoeps – cool down“ und auch wenn es für andere Tinnitus-Opfer fast unglaublich klingen mag, ich bin froh, dass ihn habe – Meinen ganz persönlichen Wellness-Berater.

Und ist es nicht oft so mit diesen unliebsamen körperlichen und psychischen „Plagegeistern“ wie Rückenschmerzen, Muskelverkrampfungen, Kopfschmerzen und eben dem Tinnitus? Sind diese vermeintlichen Feinde oft nicht auch oft verkannte Freunde die uns zeigen, dass wir uns überfordern, unsere Kraftreserven ausbeuten und unsere Energie nicht ökonomisch nutzen? Sollten wir da nicht aufhören, immer sofort zum Arzt oder in die Apotheke zu rennen um Doping für unser Hochleistungsleben zu holen und uns dafür öfters fragen, ob wir uns „Artegerecht“ halten, uns ausbeuten und unseren Körper selbst schädigen?

Ein entspannter Spaziergang an der frischen Luft, Entspannung und das Beachten der Signale die mir mein Körper gibt, helfen mir wieder in Balance zu kommen. Und dann lässt auch mein Tinnitus mich in Ruhe und regelt sich auf ein fast zärtliches Volumen herunter.

Natürlich kann man mit diesen Massnahmen keine ernsthaften gesundheitlichen Störungen beseitigen, aber vielleicht kann man ihnen damit etwas vorbeugen!

Liebe Dich selbst und Dein Selbst wird auch Dich lieben!

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5 Gedanken zu “Tinnitus – Mein Freund im Ohr

  1. oh ja, das kenne ich von tellerdrehers erzählungen. muss wohl ganz schön lästig sein, wenn man sich mit diesem „freund“ nicht arrangiert. und all diese internen freunde würde ich warnzeichen nennen. und diese sind in der tat freunde. denn sie wollen einem nur gutes…..heute heißt mein freund dolormin, denn ich habe tierische kopfschmerzen und kein ohr-malheur, das mich hätte warnen können ;-)bussi

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  2. oh, das stelle ich mir ganz besinders nervig vor. Glegentlich habe ich das für ganz wenige Sekunden, das Pfeiffen im Ohr. Wenn ich mir vorstelle, das immer mit mir herumzutragen, ich glaube ich würde durchdrehen. Es freut mich zu lesen, dass du dich damit gut arangiert hast. Sänger diverser Heavy Metal Bands ? :) Gibts da online was zu hören, irgendwo ?

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  3. @little-wombat: Freunde klingt halt irgendwie symphatischer! Ups – hoffentlich hat Dolormin gewirkt!? Gehts schon besser?@crosa: Am Anfang ging ich wirklich fast die glatten Wände hoch, aber wie gesagt, wir vertragen uns jetzt ganz gut. Mein Tinnitus und ich! =) Nein leider gibts da nirgendwas zum downloaden. Das waren noch die guten, alten, analogen Zeiten. Hab‘ nur noch Tapes aus der Zeit und natürlich kein Kasettengerät mehr… suuuuper! @queergedacht.de: Darf Dir gar nicht erzählen was mein HNO sage und das ist wirklich passiert! Er gab mir ein Medi mit den Worten „Es wird aber eh nix bringen“. Ich fragte dann nach den Nebenwirkungen, wenn es schon nicht helfen soll. Er lachte und meinte, ich hätte für die nächsten 3 Monate keine Menstrutation mehr…Echt war! Die Praxishilfe hat sich fast bepinkelt vor lachen und ich hab‘ wohl nur dumm aus der Wäsche geschaut! Heute leitet der Ostblock-Emigrant eine eigene Privatklinik, die er sich wohl mit nutzlosen Medis „verdient“. Mir ist da nämlich aufgefallen, dass sämtliche Patienten vor mir mit dem gleichen Medikament das Sprechzimmer verlassen hatten. Egal um welche Beschwerden es sich gehandelt hat!

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  4. Queergedacht.de

    Ich lebe seit ca. 35 Jahren mit meinem Tinitus im linken Ohr. Ich höre ihn eigentlich nur, wenn ich darauf achte.
    Damals war ich bei einem HNO, dem ich erzählte, dass ich da so ein Geräusch im Ohr habe. Er hat in den Gehörgang geschaut und konnte nichts feststellen. Vermutlich gab es Tinitus damals noch gar nicht oder der Doc kannte nichts davon. Nun ja, es hat mich nie so richtig gestört, deshalb bin ich der Sache nicht weiter nachgegangen.
    Hans-Georg

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