Da sassen sie also an einem runden, kleinen Tisch im Café, dass in einem Kiosk untergebracht war. Zwei Jungs, ungefähr so zwischen 14 und 16 Jahre alt. Ihr Look: Abenteuerlich metrosexuell. T-Shirt mit Strassstein-Motiv, Cap mit Glitter- und Glimmer-Aufdruck, die Gürtelschnalle grösser als die supranasale Zone und Haare so gegeelt das ich befürchtete, die Glitzercaps seien nie mehr abnehmbar, es sei denn die Haare gingen gleich mit.
Zufälligerweise schnappte ich ein paar Gesprächsfetzen auf: „Die Deborah ist voll schwul!“. Der andere grinste verschwörerisch und meinte nur „mega!“. Ich zog meinen Geldbeutel aus der Tasche und bezahlte meine zwei Schachteln Zigaretten. „Der Huber hat gestern ne mega schwule Matheprüfung gemacht. Ohne Ankündigung!“ motzte nun der andere, worauf der erste auch wieder nur meinte „voll schwul!“. Ich grüsste den Kassierer und steckte meine Zigaretten in die Tasche und blätterte mich noch durch das Zeitschriftenangebot. Als ich wieder zum Ausgang zurück kam, sassen die beiden Jungs noch immer dort und gerade erhaschte ich die Aussage „Echt? Das ist nun aber krass schwul!“
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verklemmen und baute mich vor den Beiden auf und sagte ganz cool: „Jungs, echt! Ich kenn mich mit schwul aus! Ich bin es nämlich selbst! Und ich kann euch sagen, das einzige was im Umkreis von 100 km ausser mir wirklich schwul ist, ist euer Style! Ihr seht ja noch viel schwuler aus als die Transe mit der ich gestern noch Champagner zum Frühstück getrunken habe!“ Damit liess ich sie dann stehen.
Ich gebe zu, ich wohne auf dem Land in der tiefen Provinz und natürlich gibts hier weit und breit keine Transe mit der man Champagner zum Frühstück trinken könnte, aber ich wollte die beiden einfach so richtig auflaufen lassen. Und ich glaub es gelang mir =) Beide sassen mit offenem Mund da, die Zigarette des Einen senkte sich langsam zwischen Zeige- und Mittelfinger in Richtung Öffnung seiner Red Bull Dose und entledigte sich sogleich ihrer Asche…plop – zischhhhh.
Ich ging raus, blinzelte in die Sonne und grinste fröhlich vor mich hin!
Tja, liebe Bloggies – was lernen wir daraus? Nichts! Aber vielleicht denken wir alle mal wieder darüber nach, wie wir eigentlich miteinander kommunizieren und horchen mal wieder ein bisschen genauer hin. Unsere Sprache verrät viel über uns selbst!
In diesem Sinne – Mit dem Herzen hört man besser!
wenn man mitbekommt, wie jugendliche sich heutzutage unterhalten, dann wundert man sich immer wieder, welche begriffe sie als schimpfworte und beleidigungen und welche sie als freundschaftliche begrüßung empfinden. da ist der beste freund, mit dem man sich gerade unterhält, ein „huansohn“, „hey du w*xxer“ und „alder“, ebenso ist alles positive in ihrem leben „voll fett“. auf der anderen seite werden schlechte dinge zum beispiel als „schwul“ bezeichnet. und „du kind“ wird als schwerste beleidigung gefolgt von mord- und gewaltandrohungen aufgefasst. der metrosexuelle aufzug mit einzelnen blondierten strähnen, stassohrsteckern, zickzackhaarreifen, rosa shirts mit playboybunnys drauf und d&g in glitzer-blinkenden gürtelschnallen bilden dazu einen wirklich bizarren kontrast.
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@oasenhoheit: Stimmt, Ihre Majestät! Sehr bizarr! Und damals wurden wir noch schräg angschaut wenn wir das Wort „Geil“ benutzten… =)
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hähä, stimmt, das war höchst verpöhnt. *g* ich erinner mich sogar noch daran, wie unsere lehrerin uns in der grundschule – wir müssen so 7, 8 alt gewesen sein – zusammenrief und ein „ernstes thema“ mit uns bereden musste.das wort „geil“ sollten wir nicht benutzen, da es vulgär sei und „sexsüchtig“ bedeute. :)) ich denke die jetzigen lehrer schlagen sich in der schule mit GANZ anderen ausdrücken rum. *g* ;)
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Tja und leider sind ja die Ausdrücke nicht das einzige mit was man sich an den Schulen rum“schlägt“. Heute muss man sich da auch schon mit Waffen auskennen und am Besten hat man als Lehrer eine Anti-Terror Ausbildung bei GSG 9 absolviert… Kein Wunder gibts bei uns Lehrermangel.
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Nachdem wir herzlich gelacht haben (was ich sehr gern tue!) sollten wir daran denken, dass „nichts umsonst“ so benutzt wird, wie es Jugendliche benutzen.
Es ist eine Art, an ein Thema heranzukommen, aber das Signal wird nicht erkannt, dass es dann auch verarbeitet werden sollte.
Ich denke nur daran, was die Verwendung von „Jude“, oder „Neger“ bis in die Presse hinein auslösen kann. Seltsamerweise wird darüber meist nicht gelacht.
Mehr darüber in meinem Essay: „Als Schwuler zum Neger gemacht?“
http://www.arcados.com/?p=47
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Jede Jugend hat und hatte „Ihren“ Style (man denke an z.B. die 80er Jahre! auch recht bizarr, wenn man so darüber nachdenkt). Wir im Bernbiet hatten nicht das Wort geil sondern „huärä“ (Hure) und das wurde im Sinne von „extrem“ gebraucht. Also alles war „huärä guet“ (sprich extrem gut) oder „huärä schlächt“ (sprich extrem schlecht) usw. hatte also mit der eigentlichen Bedeutung gar nichts mehr zu tun. Und auch uns hat man nahegelegt, dieses Wort nicht zu gebrauchen… hat aber gar nichts genützt! Ich denke, dass sich alle Jugendlichen aller Generationen immer von der Elterngeneration abheben wollen und dies auch durch Provokation durch Äusserlichkeiten oder auch verbal machen. Wir Alten werden es immer als bizarr oder anstössig anschauen, was ja auch schlussendlich die Abnabelung und Abgrenzung symbolisieren soll. Fazit: wir können und sollen unseren Kinder durch Erziehung Werte vermitteln (Eltern sollen nicht die Kumpels der Kinder sein!) Aber die jüngere Generation wird immer einen weg finden sich von der vorherigen abzugrenzen.
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