Fragmente 1.20 – Peru


Was bisher geschah:

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Luis blickte Anne erschrocken an. „Was ist mit dir passiert? Du bist augenblicklich bleich geworden und ich sehe Angst in deinem Gesicht!“ Sie schaute in seine Augen und am liebsten hätte sie ihm alles erzählt. „Der Kerl macht mir Angst!“. „Sollte er Dir etwas tun wollen, wird er es zuerst mit mir aufnehmen müssen!“ Luis lächelte Anne beruhigend an. „Keine Angst! Ich werde dich begleiten wenn wir gelandet sind.“ Anne lächelte zurück. Der Flug würde noch ein paar Stunden dauern, aber mit Luis an ihrer Seite würde sie sich doch noch etwas Schlaf gönnen können.

Anne schloss ihre Augen und versuchte sich zu entspannen. Langsam sank ihr Geist immer tiefer und tanzende Lichter wechselten sich ab mit wabbernden Schwaden bunten Feuers. Sie fiel immer tiefer und landete schliesslich im inneren eines dunklen Zimmers. Sie sah Raoul und einen anderen etwas jüngeren Mann im Schein einer fahlen Lampe an einem Tisch sitzen. Sie konnte nicht verstehen, was die beiden besprachen, aber ihr fiel auf, dass der andere Raoul sehr ähnlich sah. Sie kam näher und Raoul hob seinen Kopf. „Anne!“ Er stand auf und nahm sie in die Arme. Sie war froh, dass er nicht wie sonst vor jeder Berührung plötzlich verschwand und ihr war klar, dass sie sich wieder in einem Traum befand. „Darf ich Dir meinen jüngeren Bruder vorstellen? Das ist Carlos. Carlos, das ist Anne, meine geliebte Anne von der ich Dir schon so viel erzählt habe.“ Carlos lächelte und streckte Anne seine Hand entgegen. Als sich ihre Hände zum Gruss berührten veränderte sich die Szenerie schlagartig. Das Zimmer um sie herum verschwand und sie standen nun auf einer weiten Ebene.

Anne lies Carlos Hand los und schaute Raoul erstaunt an. „Wo sind wir hier?“ Doch bevor Raoul antworten konnte, begann Carlos laut zu rufen „Hier sind wir!“ er winkte und sein Gesicht begann vor Freude zu strahlen. Anne sah, wie Carlos Augen plötzlich feucht glänzten und sich eine Freudenträne ihren Weg über seine Wange bahnte. Schnell putzte er sie mit seinem Handrücken weg und blickte kurz, leicht verschämt zu Anne und Raoul. Doch Raoul nickte nur und lächelte. Anne blickte in die Richtung in die auch Carlos blickte. Eine Gestalt löste sich aus dem Horizont und kam schnell näher. Ein junger Mann mit schwarzer Wuschelfrisur kam auf sie zugerannt und Carlos und er fielen sich in die Arme.

Anne sah gerührt zu und begriff, dass es sich um ein Wiedersehen von Liebenden handelte. Die beiden Männer umarmten sich fest und nach einem Moment legte Carlos seine beiden Hände zärtlich auf die Schultern des Anderen und sie schauten sich für einen Moment lang tief in ihre Augen. „Carlos!“ sagte der andere Mann und auch ihm rannen Freudentränen über das Gesicht. „Luis!“ entgegnete nun Raouls Bruder und die Lippen der beiden trafen sich zu einem zärtlichen Kuss. „Luis?“ Anne konnte nicht genau definieren, welche Gefühle in ihr tanzten. „Luis?“ fragte sie noch einmal und der Angesprochene blickte sie freudig an. „Hallo Anne!“ sagte dieser und fügte hinzu: „Siehst Du, gemeinsam werden wir sie finden!“. Er löste sich von Carlos und trat zu ihr. Sie umarmten sich herzlich.

Plötzlich riss ein donnerndes Geräusch Anne aus der Wiedersehensfreude. Die sandige Ebene um sie herum löste sich plötzlich auf. Steine begannen in freien Fall überzugehen und auch alles andere um sie herum begann zu schweben und sie entfernte sich immer mehr. Die Szenerie ging in Dunkelheit über und Anne sank wieder in tiefen Schlaf.

„Anne! Wach auf!“ Luis stimme klang zärtlich und leise an ihr Ohr! „Wir sind in Turbulenzen geraten. Du musst Deinen Sitz aufrecht stellen und Dich anschnallen.“ Anne öffnete ihre Augen und setzte sich gerade hin. „Wie lange wird der Flug noch dauern?“ fragte sie. „Wir werden in etwa 2 Stunden landen!“ sagte er und lächelte Anne beruhigend an. Anne erwiederte Luis Lächeln und fügte hinzu „Dann können wir uns endlich auf die Suche nach unseren Geliebten machen!“ Sie beobachtete wie Luis darauf reagierte. Er schaute sie neugierig an. „Ich habe doch nur von einem Freund gesprochen, nicht von einem Geliebten“ erwiederte er etwas erstaunt. „Ich werde Dir alles erzählen!“ sagte Anne „Und ich bin sicher, dass wir Raoul und Carlos gemeinsam finden werden!“

Nun schaute Luis Anne total ungläubig an. Sein Mund stand offen und für ein paar Momente vergass er sogar zu blinzeln. „Mach Deinen Mund wieder zu!“ lachte Anne. „Woher weisst Du von Carlos? Was geht hier vor? Wer bist Du?“. Anne lächelte Luis an. „Also stimmt es? Du bist auf der Suche nach Carlos, Deinem Freund?“ Luis nickte ungläubig. „Du weisst dass er einen Bruder hat?“ Luis nickte abermals und Anne fuhr weiter „Sein Bruder heisst Raoul, nicht wahr?“ Luis bekam seinen Mund immer noch nicht zu und nickte wieder. „Raoul, der Bruder von Deinem Carlos, ist derjenige den ich suche!“.

Luis verstand die Welt nicht mehr. Er wollte wissen woher Anne dies alles wusste und wieso sie sich nicht schon von Anfang an zu erkennen gab. Anne erzählte von ihren Träumen, von Aquila und davon, dass sie seit ihrem ersten Traum vor ein paar Wochen immer wieder Hinweise darin bekam und sogar mit ihrem Vater, der im Koma lag, in Verbindung treten konnte. In Luis Ohren klang das alles sehr abenteuerlich und er wusste augenscheinlich noch nicht, ob er ihren Worten trauen wollte. „Das klingt alles sehr…naja….verwirrend!“ antwortete er ihr und Anne nickte. Auch für sie war es immer noch nicht selbstverständlich und unglaublich.

Sie bestellten noch einmal etwas zu trinken und Anne erzählte Luis die ganze Geschichte. Angefangen bei der Trennung von Nick bis zum Hier und Jetzt. Luis hörte sich alles an, nickte zwischendurch oder stellte eine Verständnisfrage. „Weisst Du, ich beschäftige mich schon längerer Zeit mit solchen Phänomenen, aber ich hätte nicht gedacht, dass es tatsächlich möglich ist!“. Er erzählte Anne davon, dass auch er oft träume, aber dass es ihm oft nicht gelang das Geträumte zu verstehen oder einzuordnen. Er erzählte ihr auch, dass er öfters sogenannte „Deja-Vu’s“ habe und sich aber auch das nicht richtig erklären konnte. Auch als er Anne einsteigen sah, habe er das Gefühl gehabt, dies sei schon einmal geschehen und er sei Anne schon vorher begegnet. Daher hatte er sie auch angesprochen, was er sonst nicht so unbekümmert getan hätte.

Das Zeichen zum Anschnallen erklang plötzlich wieder und eine Stimme im Lautsprecher gab an, dass sich die Maschine im Landeanflug befand. Anne und Luis blickten einander verschworen an und lächelten sich zu. „Auf eine gemeinsame Suche in Peru!“ sagte sie und trank den letzten Schluck ihres Proseccos. Sie blickte dabei aus dem Fenster und der Flughafen mit seiner gewaltigen Start- und Landebahn welche die landwirtschaftliche Zone von der Stadt abtrennte, kam immer näher. Anne freute sich nun über die bevorstehenden Abenteuer. Fast hatte sie den Verfolger mit seinem Husten vergessen, dem sie schon im Haus ihres Vaters begegnet war. Das röchelnde, kehlige Rasseln seiner Bronchien holte sie wieder zurück in die Realität.

Sie wandte sich an Luis und erklärte ihm, dass sie irgendwie aus dem Flughafen entwischen mussten, ohne in die Hände ihrer Verfolger zu geraten, welche nun wüssten, wer sie sei. Sie erklärte Luis, dass sie unbedingt den Stein zu Raoul bringen müsse. Luis sah sie gelassen an. „Kein Problem, Anne!“ entgegnete er. Ich kenne jemanden der am Flughafen arbeitet. Er wird mich abholen und mit ihm werden wir unbemerkt flüchten können. Annes Nervosität blieb und sie blickte mit grosser Angst dem Moment des Aussteigens entgegen.

Die Reifen des Flugzeuges stöhnten quietschend als die Maschine aufsetzte und landete. Der Pilot manövrierte den Metallvogel zu den Terminals und endlich hielten sie an. Anne stand auf und holte ihre Reisetasche aus dem Kofferabteil. Auch Luis griff sich seinen Rucksack und setzte seine Sonnebrille auf. „Na dann sehen wir zu, dass wir hier unbeschadet weg kommen!“  Als sie die Maschine verliessen, fielen Anne bereits die bewaffneten Polizisten am Eingang zum Terminal auf. Sie machte Luis darauf aufmerksam und sie stiegen vorsichtig um sich blickend in den Bus, der sie vom Rollfeld zum Flughafengebäude bringen sollte. Der Bus näherte sich dem Schatten spendenden Vordach des Terminals und hielt an. Die Passagiere verliessen den Bus und auch Anne und Luis stiegen aus, um sich ihren Weg zur Gepäckausgabe zu bahnen.

Die Polizisten beobachteten sie und Anne konnte sehen, dass ihr hustender Verfolger zu ihnen hinging, etwas mit ihnen besprach und dabei mit dem Finger auf sie zeigte. Sie wurde zusehends nervöser und hoffte, dass ihr Koffer auf dem Förderband bald kam. Doch ihr Koffer kam nicht. Sie warteten bis am Schluss und als das Band abgestellt wurde, war Anne klar, dass sie ihren Koffer wohl vergessen konnte, was einer Katastrophe gleichkam, denn darin befand sich der Stein mit der Karte. Sie blickte zu Luis, der am Handy in Spanisch mit seinem Kollegen, der hier am Flughafen arbeitete, sprach. Sie standen mit dem Rücken zur Wand. Buchstäblich! Denn nun kamen die bewaffneten Polizisten auf sie zu. „Miss!“ rief nun einer und blickte sie dabei an. Anne wurde nervös und versuchte sich einen Fluchtweg zu suchen. Doch da war keiner. Die Beamten kamen von drei Seiten auf sie zu. „Miss Kammermann!“ rief nun der eine Polizist wieder. Nur noch ein paar Meter trennten Anne und Luis von den gefährlich wirkenden Männern in Uniform.

Weiter mit Fragmente 1.21 – Unerwartete Wendungen

5 Gedanken zu “Fragmente 1.20 – Peru

  1. Ich melde mich mal wieder zu Wort, nur um zu sagen, dass ich selbstverständlich immer noch mitlese und wie immer fasziniert bin. Das wird ein richtiges Buch, das ich so auch kaufen würde!

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  2. Jane

    oh mann, die beiden haben aber nicht wirklich viel glück, oder? kannste denen nicht mal ’ne portion zukommen lassen? und wieso hat der fiese hustende typ Anne erkannt, obwohl sie sich doch so viel mühe gab? und wie ist der bruder von Raoul jetzt in die sache verwickelt? und was passierte mit Annes koffer? und warum hat der fiese hustende typ kontakt zur peruanischen militz? und weshalb hat Anne überhaupt den stein in den koffer getan und nicht bei sich an der frau behalten?
    fragen über fragen, die hoffentlich beantwortet werden können… das ist aufregend :)!!!

    liebste grüße aus dem grauen leipzsch!!!

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  3. @Chnübli: Was für ein Kompliment! Wer weiss, vielleicht finde ich ja sogar irgendwann einen Verleger dafür ;-)

    @Jane: Fragen über Fragen aus grauen Leipzig! Das warten hat ein Ende! Du kannst weiterlesen, liebe Jane! Wie läufts denn so mit der Musik bei Dir?

    Herzliche Grüsse aus der sonnigen Schweiz
    Dein Stoeps

    @Worauf Sie, werter Herr Schoss, einen lassen können! Ob es bald besser wird für Anne? Ab sofort steht die Fortsetzung bereit!

    Gespannt
    Stoeps

    @Chnübli: Wow! Danke Chnübli, aus aktuellem Anlass tut das einfach nur gut! Komm, big Hug! :-) Danke dass Du für mich da bist, auch wenn mal dunklere Tage anbrechen!

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