Fragmente 1.34 – Die Bibliothek


Photo-Credit: Luigi Guarino @ Flickr

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Sie rannten los und erreichten mit ein paar Schritten den Eingang. Dicke, feuchte Luft schlug ihnen entgegen. Raoul war als erster bei der Leiter, die nach unten führte. „Los, kommt!“ rief er und Anne fasste seine Hand, die er ihr entgegen streckte. Ein zweiter Schuss zeriss die Stille der Nacht und der Monsignore schrie ausser sich vor Wut: „Ich werde Euch alle in die Hölle schicken! Bleibt stehen!“. Von der Dunkelheit geschützt kletterten sie in den unterirdischen Gang und entfernten die Leiter vom Eingang. Carlos reichte Luis und Raoul Taschenlampen aus seinem Rucksack und sie spurteten los. Allen voran lief Anne mit dem Schlüsselstein in der Hand. Sie betrachtete die Linie, die ihnen den Weg weisen sollte und befahl mit leiser Stimme in welche Richtung abgebogen werden sollte, wenn der der Gang sich hin und wieder verzweigte.

Hinter ihnen erklang plötzlich ein dumpfes Geräusch. Ein leiser Schrei signalisierte den Verfolgten, dass der Monsignore mit einem Sprung ebenfalls in den dunklen Gang eingestiegen war. „Los, weiter! Hier entlang“ flüsterte Anne und zeigte mit der Hand nach rechts in einen Tunnel, der leicht nach unten führte. „Bist Du sicher, dass wir da hinunter müssen?“ fragte Raoul. Anne antwortete nicht, sondern lief einfach los. Die Anderen folgten ihr und plötzlich endete der Tunnel in einem schachtartigen Raum. „Eine Sackgasse!“ rief Luis und die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Hinter ihnen hörten sie den keuchenden Atem ihres Verfolgers, der ihnen immer näher kam. Raoul leuchtete mit der Taschenlampe die Wände der Höhle ab. Der Raum hatte eine quadratische Grundfläche und schien etwa 10 Meter hoch zu sein. Anders als die Tunnel des Labyrinths schienen die Wände hier aus glatt poliertem Stein zu sein und jedes Geräusch wurde von den Wänden, wie in einem Resonanzkörper eines Instruments, verstärkt. „Hier war ich schon mal“ murmelte Anne. Aber noch bevor Sie weiterreden konnte, stiess der Monsignore zu ihnen.

„Keine Bewegung!“ schrie er und Anne blickte zu ihm hin während sich nackte Angst in Sekundenschnelle durch ihren Körper frass. Sie sah in seine schreckliche Fratze die schrecklich entstellt und verbrannt war. Der blanke Hass blitzte aus den Augen des Geistlichen und ein Fetzen der Haut seiner linken Wange hing lose herunter. Einen Moment lang fragte sie sich, ob das nur ein Alptraum war. Dann sah sie nur noch wie er seine Waffe auf sie richtete und als sich ein Schuss mit einem ohrenbetäubenden Knall löste, spürte sie nur noch, wie etwas mit einer unglaublichen Wucht in ihren Körper eindrang und sie in ein dunkles Loch stürzte.

Als Anne ihre Augen wieder öffnete, sah sie sich irgendwie selbst im schwarzen Nichts. Sie stürzte ins bodenlose. Immer weiter. Oder schwebte sie nach oben? Sie konnte sich weder bewegen, noch konnte sie überhaupt fühlen, ob sich ihre Seele noch in ihrem Körper befand. Panik überkam sie. War sie tot? Da war dieser Schuss der sie getroffen hatte. War sie stark verletzt? Sie versuchte an sich herunter zu schauen, ob sie eine Wunde entdecken konnte, doch sie konnte ihren Körper nicht wirklich erkennen. Ihre Umrisse waren nur noch als schimmernde, undefinierbare Form, als ätherische Aura vorhanden.

Plötzlich, die körperlose Stasis schien Äonen lang angedauert zu haben, wich die Stille einem Geräusch dass sie kannte. Aquila! Dann ging alles sehr schnell. Ihr Körper schien sich wieder zu manifestieren und ihr Traumgefährte tauchte unter ihr auf, um sie aus der Leere zu befreien. Sie landete auf seinem Rücken und augenblicklich fing sie sich wieder. „Aquila, bin ich gestorben?“ fragte sie ihren Freund in Gedanken. „Nein! Das bist Du nicht. Aber Du wurdest angeschossen und bist bewusstlos zusammengebrochen.“ Sie wollte wissen wie es ihren Freunden erging, doch Aquila vertröstete sie auf später. „Du hast erst noch ein wichtiges Rendezvous!“ drangen seine Gedanken in ihren Kopf. „Vater?“ Auqila bejahte und langsam sah Anne, wie die Dunkelheit um Sie herum wich. Im Leeren Raum sah sie ihren Vater in derselben Höhle sitzend, in der sie vorher angeschossen wurde. Die Wände schienen durchscheinend zu sein und Aquila blieb plötzlich in der Luft stehen und schwebte an Ort und Stelle. „Steig ab und geh zu Deinem Vater!“ drang es in ihren Kopf und Anne kletterte vom Rücken des Adlers um neben ihrem Vater wieder festen Boden unter den Füssen zu erreichen.

„Paps!“ rief sie und fiel ihm in die Arme! Sie wollte ihm so viel erzählen, aber die Sorge um ihre Freunde liess ihr keine Ruhe. Nachdem sich Anne von ihm gelöst hatte, setzte er sich wieder hin und strahlte eine Ruhe aus, die Anne fast zur Verzweiflung brachte. „Vater, ich muss zu meinen Freunden, sie sind in Gefahr! Schnell!“. Er lächelte und erklärte Anne, dass die Zeit hier in der Traumwelt anders tickte. Stunden und Tage die man hier erlebt, dauerten  auf der anderen Seite nur Minuten. „Ich muss Dir etwas Wichtiges sagen!“ fing er an und erklärte Anne, wie man den Zugang zur Bibliothek öffnen konnte. Er erzählte ihr auch von einem Sicherheitsmechanismus. Einer Falle, die den Zugang zur Bibliothek so verschliessen würde, dass sie für lange Zeit vor einem erneuten Zutritt gesichert bliebe. Anne hörte gespannt zu und versuchte sich jedes Detail genau einzuprägen. Plötzlich nahm ihr Vater ihr Gesicht zärtlich in seine Hände, küsste sie auf die Wange und sagte: „Du musst gehen!“ Wieder umschlang Anne die Dunkelheit. Nur kurz. Dann spürte sie, wie ein Sog sie zurück in ihren Körper katapultierte.

Vorsichtig öffnete sie ihre Augen und nun fühlte sie auch den Schmerz ihrer Schusswunde. Ihre linke Schulter war getroffen, doch die Austrittswunde am Rücken zeigte ihr, dass es ein glatter Durchschuss war. Sie blickte um sich und registrierte sofort was in der Zwischenzeit geschehen war. Raoul, Carlos und Luis sassen gefesselt im Gang aus dem sie kamen und der Monsignore hantierte mit dem Schlüsselstein an einer Öffnung in der Wand, die dem Zugang gegenüber lag. Seine Waffe hatte sich der Geistliche hinten in den Bund seiner Hose gesteckt und er bemerkte nicht, wie Anne sich heranschlich. Mit einer raschen Bewegung packte sie den Revolver, entsicherte und hielt ihn dem keuchenden Monster an den Hinterkopf.

„Was zur Hölle…“ rief er überrascht und wollte sich umdrehen. Doch Anne hiess ihn so stehen zu bleiben. „Legen sie den Schlüsselstein schön langsam auf den Boden und gehen sie dann ein paar Schritte zurück.“ Er zögerte, doch Anne drückte ihm den Lauf der Waffe noch stärker ins Genick. „Ich zögere keinen Augenblick abzudrücken!“ rief sie. „Schön langsam hinlegen“ wiederholte sie und der Monsignore gehorchte widerwillig. Dann befahl ihm Anne, die Fesseln von Raoul zu lösen, was er ebenfalls tat. Raoul verfolgte staunend wie souverän seine Geliebte die Situation meisterte. „Los Raoul, mach Deinen Mund wieder zu und fessle den Mistkerl!“ lachte Anne nun sichtlich über Raouls Gesichtsausdruck amüsiert. Raoul tat was Anne sagte und Minuten später lag der Monsignore gefesselt am Boden, während die anderen sich befreiten und zu Anne hingingen. „Du blutest stark!“ sagte Raoul besorgt und griff in seinen Rucksack, in den er auch Verbandsmaterial für den Notfall gestopft hatte, was Anne nun zugutekam. Er versuchte ihre Wunde so gut wie möglich zu verbinden. Aber es war beiden klar, dass Anne baldmöglichst in ein Krankenhaus musste. „Ich weiss, wie wir die Bibliothek öffnen können!“ raunte Sie Raoul zu. Auch Carlos und Luis hatten das gehört und kamen dazu. „Was müssen wir tun?“.

Anne erklärte, dass sich in jeder Wand eine kleine Nische befinden musste, in der sich eine Art Flöte befand. Würden diese in einer bestimmten Abfolge gespielt, so dass alle Töne zusammen am Schluss einen Akkord ergaben, würde sich das Tor öffnen. „Und was ist mit der Öffnung für den Schlüsselstein?“ wollte Carlos wissen und zeigte auf eine Einbuchtung in der Wand, in die das angesprochene Artefakt perfekt zu passen schien. „Eine Falle!“ erklärte Anne mit einem triumphierenden Lächeln im Gesicht. Raoul wollte wissen, was denn passiere, wenn jemand den Schlüsselstein da einfügen würde. Doch Anne wusste auch nicht mehr, als dass der Eingang der Bibliothek dann für lange Zeit so verschlossen würde, dass niemand ihn öffnen konnte. „Gut!“ meinte Raoul und fügte an: „genau das werden wir nachher tun! Doch erst möchte ich mich vergewissern, dass die Bibliothek noch immer existiert. Wollen wir sie öffnen?“. Anne nickte.

Sie tasteten die Wände des Schachtes ab und tatsächlich waren die Nischen mit den Flöten bald gefunden. Es waren vier röhrenartige Gebilde aus einem schimmernden Metall. Anne zeigte den anderen wie die Flöten gespielt werden mussten und führte das Rohr an ihre gespitzten Lippen um Luft in die horizontale Öffnung zu blasen. Ein panflötenartiger Ton erklang. Nun gab Anne die Zeichen welche Flöte in welcher Reihenfolge angespielt werden sollte. Erst gab Luis seinen Ton, dann kam der von Raouls Flöte, dann der von Carlos und am Schluss der vierte Ton von Annes Instrument dazu. Der Akkord schien genau auf die Resonanz des Raumes abgestimmt zu sein und der Klang verstärkte sich durch Hall der Wände und wurde immer lauter und stärker.

Die Luft begann zu vibrieren und plötzlich erklang ein dumpfes Geräusch.

Weiter mit dem Schluss der Geschichte: Fragmente 1.35 – Einmal bis zur Ewigkeit und zurück

Ein Gedanke zu “Fragmente 1.34 – Die Bibliothek

  1. mischi

    lago mio…isch genial.Und irgendwie merki au das du wie i au i der ziit vo de geniale film ( wo mer jo meistens zäme gluegt hei) gg, erwachse worde bisch….aber glich auf der jagd nach dem grünen diamanten und so lässt grüssen….smile

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